LHC Status: Run III


Allgemeines

• Name: ATLAS (ATLAS stand ursprünglich für "A Toroidal LHC ApparatuS", wird aber aktuell nur noch als Eigenname benutzt)
• Länge: 45 m
• Breite: 22 m
• Höhe: 22 m
• Gewicht: 7000 Tonnen
• Position: IP 1


ATLAS ist auf den Nachweis des Higgs-Bosons ausgelegt. Daneben sollen die derzeit kleinsten Bausteine der Materie, Leptonen und Quarks, auf eine etwaige Substruktur hin untersucht werden. Zur besseren Überprüfbarkeit wird ATLAS, mit dem CMS, ein weiterer Detektor zur Seite gestellt, der einen physikalisch anderen Ansatz zum Nachweis derselben Fragestellungen verfolgt.
Gelänge der Nachweis, das Quarks oder Leptonen aus noch weiteren Bausteinen bestehen, könnte damit dann sehr wahrscheinlich beantwortet werden, warum es genau drei Generationen von Elementarteilchen gibt, oder ob es gar noch weitere unentdeckte Teilchen gibt.

Ein wichtiges Problem der Elementarteilchenphysik ist, wie es zu den unterschiedlichen Massen der Elementarteilchen kommt. Die Massen reichen von der nahezu verschwindenden Ruhemasse des Neutrinos bis hin zur Masse des Top-Quarks, die der eines Gold-Atoms entspricht. Dies könnte durch den so genannten Higgs-Mechanismus erklärt werden. Demnach sind die Teilchenmassen deshalb so verschieden, weil Teilchen unterschiedlich stark an ein bis jetzt noch nicht gefundenes Teilchen, das Higgs-Boson, beziehungsweise dessen Feld koppeln (Higgs-Feld). Daher hoffen die Physiker, Higgsteilchen als Anregung des Higgsfeldes aufgrund ihrer vorausberechneten Zerfälle nachweisen zu können.

Ein weiteres ungelöstes Problem ist die Vereinheitlichung der vier Grundkräfte, also eine Quantenfeldtheorie, die auch die Gravitation miteinbezieht. Es ist zwar nicht möglich diese Vereinheitlichung direkt zu beobachten, da sie erst auf Energieskalen weit jenseits der in absehbarer Zeit experimentell erreichbaren Energien geschieht, aber durch den Nachweis supersymmetrischer Partner der heute bekannten Elementarteilchen, liessen sich die Kräfte in einem Punkt vereinigen. Der Nachweis einer Vereinheitlichung wäre, ohne die vergleichsweise einfache Supersymmetrie, nur schwer möglich. Deswegen soll ATLAS auch nach supersymmetrischen Teilchen fahnden.

Darüber hinaus soll am ATLAS-Detektor auch B-Physik (worauf LHCb speziell ausgerichtet ist) betrieben werden. Dabei wird der Zerfall von B-Mesonen und ihrer Antiteilchen beobachtet. Wenn sich Unterschiede in den Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Zerfallskanäle zwischen Teilchen und Antiteilchen zeigen, wäre dies eine Verletzung der CP-Symmetrie. Solche CP-verletzenden Prozesse könnte die Erklärung sein, weshalb es im Universum, wie beobachtet, mehr Materie als Antimaterie gibt. Neben diesen Hauptaufgaben ist der ATLAS-Detektor aber auch dahingehend ausgelegt ein weites Feld der Forschung abzudecken, wozu zum Beispiel Prozesse aus der Quantenchromodynamik und Teilchen mit anormalen Quantenzahlen (Leptoquarks, Dileptonen, usw.) zählen.



Wie die anderen drei grossen Detektoren des LHC wird auch der ATLAS-Detektor die charakteristischen Grössen der in der Kollision erzeugten Teilchen vermessen. Hierzu gehört die Impulsmessung von geladenen Teilchen in einem Magnetfeld, die Messung der Energien von geladenen und neutralen Teilchen sowie die Vermessung der Gesamtenergie aller entstandenen Teilchen. Die Bestimmung der Gesamtenergie ist besonders wichtig um auf neuartige Teilchen schliessen zu können, die im Detektor nicht wechselwirken und diesen daher verlassen, ohne ihre Energie in den Kalorimetern zu deponieren. Beispiele für solche Teilchen sind das Neutrino und das leichteste supersymmetrische Teilchen (LSP). Die Produktion solcher Teilchen zeigt sich in einer nicht ausgeglichenen Impuls/Energiebilanz des Ereignisses.




Detektoraufbau


Der ATLAS Detektor besteht aus drei Hauptdetektorkomponenten, dem Inneren Detektor, dem Kalorimeter und dem Myonsystem.


ATLAS-Detektor Quelle: CERN


Innerer Detektor

Möglichst nahe am Wechselwirkungspunkt befindet sich der innere Detektor. Ein durch den Solenoidmagneten erzeugtes Magnetfeld von 2 Tesla, krümmt im inneren Detektor die Teilchenspuren je nach Ladung und Impuls. Bei bekanntem Magnetfeld kann aus der Bahnkurve der Impuls des Teilchens rekonstruiert werden. Darüber hinaus muss der Entstehungsort der geladenen Teilchen rekonstruiert werden. Dies ist besonders wichtig für die Identifizierung von schweren Quarks, bzw. von Mesonen, die schwere Quarks enthalten. Eine besondere Rolle fällt hierbei dem b-Quark zu, das eine typische Lebensdauer von etwa 1.5 Picosekunden hat. Unter Berücksichtigung der relativistischen Zeitdilatation legen diese Mesonen im Mittel eine Wegstrecke von einigen Millimetern zurück, bevor sie in leichtere Teilchen zerfallen. Die Rekonstruktion dieses Zerfallspunktes ist aufgrund der kurzen Zeitabstände zwischen Proton-Proton Kollisionen und der hohen Spurdichte eine extrem grosse Herausforderung. Die kollidierenden Strahlen produzieren pro Sekunde und pro Quadratmillimeter in den inneren Detektorlagen etwa 100000 Teilchen.

Die Kombination der verschiedenen Bestandteile des inneren Detektors bieten eine hohe Anzahl an Spurpunkten, wodurch eine genaue Rekonstruktion der Spuren elektrisch geladener Teilchen möglich ist.

Der Innere Detektor umfasst ein Zylindervolumen mit einem Radius von 1,15 m und einer Länge von etwa 7 m und besteht aus einem Pixeldetektor, einem Silizium-Streifen-Detektor und dem Transition Radiation Tracker. Die 3 verschiedenen Detektorlagen sind konzentrisch um die Strahlachse angeordnet, und werden vom Solenoidmagneten umschlossen.



Aufbau des inneren Detektorsystems Quelle: CERN


Pixeldetektor


Der Pixeldetektor besteht aus 3 unterschiedlich grossen Zylindern und jeweils 3 Scheiben an jedem Ende, deren Halbleiterdetektoren zweidimensional segmentiert sind und sogenannte Pixel bilden. Jeder der ca. 140 Millionen Pixel ist 50 µm mal 400 µm gross, was hochpräzise Messungen nahe am Wechselwirkungspunkt erlaubt. Damit kann auch im Bereich der hohen Spurdichten, eine hohe Trennung benachbarter Spuren und eine Vermessung der Spurkoordinaten mit einer Genauigkeit von etwa 14 µm erreicht werden.



Schema des Pixeldetektors Quelle: CERN


Pixeldetektor Quelle: CERN


Semi Conductor Tracker (SCT):


Der Silizium-Streifen-Detektor (SCT) besteht aus acht Lagen Siliziumstreifen-Detektoren, die eine Auflösung von 16 µm radial zum Strahl und 580 µm in Strahlrichtung haben. Um den Detektionsraum zu verdichten sind die einzlenen Streifenlagen gegeneinander um 40 µrad verdreht. Des weiteren gibt es noch neun Scheiben, die senkrecht zur Strahlachse stehen und eine vergleichbare Auflösung liefern. Der SCT besteht aus 4088 einzelnen Detektormodulen mit 768 Auslesestreifen pro Modul. Die Spurkoordinaten können mit einer Genauigkeit von etwa 30 µm gemessen werden.


Frontansicht des SCT Quelle: CERN


SCT-Modul Quelle: CERN


Transition Radiation Tracker (TRT):


Der Transition Radiation Tracker (TRT) basiert auf einer Kombination von Übergangsstrahlungsdetektor und Driftkammer. Die Driftrohre haben einen Durchmesser von 4 mm und sind mit Xenongas gefüllt. Der Zeitpunkt des Signals erlaubt die Bestimmung der Teilchenkoordinaten mit einer typischen Genauigkeit von 150 mm. Die Röhrchen sind eingebettet in einen speziellen Schaum aus Polyethylen, in dem Kollisionselektronen elektromagnetische Strahlung im Röntgenbereich (Übergangsstrahlung) abgeben. Die dabei erzeugten Röntgenquanten werden im Xenongas absorbiert. Die entsprechende Signatur wird im ATLAS Detektor benutzt, um Elektronen zu identifizieren.


Zwei Module des TRD Quelle: CERN


TRD mit dem eingebauten SCT-Modul Quelle: CERN


Solenoid Magnet:


Der Innere Detektor ist eingebettet in ein Magnetfeld von 2 Tesla, das von einem supraleitenden Solenoidmagnet erzeugt wird. Die Magnetspule hat eine Masse von etwa 4 Tonnen und enthält supraleitendes Kabel mit einer Gesamtlänge von etwa 10 km, das mit flüssigem Helium auf seiner Betriebstemperatur gehalten wird.


Solenoidmagnet Quelle: CERN


Elektromagnetisches Kalorimeter (ECAL):


Das elektromagnetische Kalorimeter absorbiert und misst die Energien der produzierten Elektronen und Photonen. Es ist aus 1,9 mm dicken Absorberlagen aus Blei, mit einer Edelstahl-Beschichtung aufgebaut. Dazwischen befindet sich als Nachweismedium flüssiges Argon. Die Absorberplatten des elektromagnetischen Kalorimeters haben eine besondere, erstmalig realisierte, Akkordeon-ähnliche Geometrie. Aufgrund dieser Aufbaus ergibt sich eine gleichförmige Antwortfunktion des Kalorimeters, unabhängig von der Einfallsrichtung des Teilchens. Das elektromagnetische Kalorimeter besitzt eine sehr hohe Granularität, wobei eine einzelne separat ausgelesene Kalorimeterzelle, auf dem inneren Zylindermantel, eine Fläche von etwa 2.5 x 2.5 cm2 abdeckt. Insgesamt besteht das gesamte elektromagnetische Kalorimeter aus etwa 190.000 Auslesezellen. Jede dieser Zellen ist mit einer individuellen, Ausleseelektronik ausgestattet.


Verkabelung des ECAL Quelle: CERN


Das fertige ECAL-Modul Quelle: CERN


Hadronisches Kalorimeter (HCAL):


Das hadronische Kalorimeter umschliesst das elektromagnetische Kalorimeter und hat die Aufgabe, die Energie der Hadronen zu messen, da diese meist nur einen kleinen Teil ihrer Energie im elektromagnetischen Kalorimeter deponiert haben. Um eine Dicke von 10 hadronischen Wechselwirkungen zu erreichen, ist das hadronische Kalorimetersystem deutlich grösser als die übrigen Detektorsysteme. Aufgebaut ist es im Barrelbereich aus einer Sandwichtechnologie, bei der sich Eisenabsorber und Plastikszintillatoren abwechseln. Im Vorwärtsbereich kommt ein dem elektromagnetischen Kalorimeter ähnlicher Absorber aus Flüssigargon, Kupfer und Wolfram zum Einsatz.


Schema des Kalorimeteraufbaus Quelle: CERN


Fertigung einer Szintillator-Arrays für das Tile-Kalorimeter (Tile = Platte) Quelle: CERN


Kalorimetermodule
Bildmitte: Strahlrohr
Quelle: CERN


Torodiales Luftspulen-Magnetsystem


Aufgrund des vielen Strahlungslängen dicken Kalorimeters kommen fast nur Myonen aus dem Wechselwirkungspunkt bis ins Myonenspektrometer. Ihr Impuls wird im ATLAS Detektor unabhängig von der Messung im Inneren Detektor im äusseren Myonspektrometer, gemessen. Zu diesem Zweck wird ein ungewöhnlich grosses System aus Luftspulenmagneten eingesetzt. Luftspulen zeichnen sich dadurch aus, dass sie keinen magnetischen Kern enthalten, sondern nur eine nichtmagnetische Struktur besitzten, welche die supraleitenden Kabel fixiert. Im Zentralbereich des ATLAS Detektors erzeugen acht supraleitende Magnetspulen, ein Magnetfeld mit einer Stärke von 3-8 Tesla. Je 8 weitere Magnetspulen schliessen das Magnetfeld für die beiden Endkappen. Das System enthält supraleitendes Kabel mit einer Gesamtlänge von mehr als 70 km und hat einen nominellen Strom von 20000 Ampere. Die gespeicherte Energie in den Magneten erreicht einen Wert von ca. einem Giga-Joule.


Magnetspulenanordung


Inneres Magnetspulensystem Quelle: CERN


Endkappen Magnetspulensystem Quelle: CERN


Myonen-Spektrometer


Um den Impuls der Teilchen zu bestimmen werden 3 Lagen verschiedener Myonendetektoren benutzt, die in dem toroidalen Magnetfeld liegen. Mehr als eine Million Auslesekanäle wurden dazu auf einer Fläche von 5500 m2 verbaut. Genauso wie im Spurdetektor kann aus der Krümmung der Myonenspuren im Magnetfeld der Impuls gemessen werden, jedoch hat das Myonenspektrometer durch die immense Grösse einen viel längeren Hebelarm und damit verbunden eine höhere Impulsauflösung. Im Endkappenbereich besteht es aus 3 Rädern mit einem Abstand von 6 Metern. Im Fassbereich befinden sich 3 Lagen aus MDT-Kammern (Monitored Drift Tube). Zusätzlich befindet sich vor und hinter jeder MDT-Kammer eine Triggereinheit. Durch dieses eigenständige Triggersystem liefert das Myonspektrometer einen wichtigen Beitrag zum Trigger des gesamten Detektors. Ausserdem liefern die Triggerkammern noch eine Ortsinformation längs der Driftrohre und erhöhen somit die Genauigkeit der Spurrekonstruktion.

Die einzelnen Lagen des Myonenspektrometers bestehen aus einzelnen Detektormodulen, den so genannten MDT-Kammern, die zwischen 1 m und 6 m lang und 2 m bis 3 m breit sind. Jede MDT-Kammer besteht aus 2 Multilagen mit jeweils 3 oder 4 Einzelrohrlagen. Die einzelnen Röhren haben einen Durchmesser von 3 cm und eine Wandstärke von 400 µm.
Da für die angestrebte Auflösung von 50 µm auch die Position der Rohre untereinander mit derselben Präzission bekannt sein muss, wurde ein optisches System errichtet, mit dem Verformungen der Kammer gemessen und dann über eine Software korrigiert werden können.



Anordnung der Myonenkammern Quelle: CERN


Radial angeordnete Driftkammern Quelle: CERN


Einzelnes Drifkammermodul (MDT) Quelle: CERN